Puh…., wenn man die Überschrift liest, stellt sich schon ein unwohles Gefühl ein, oder? Also – bei mir ist das so.
Umso erschreckender, wenn man anfängt, GENAU sein Verhalten im Alltag mit seinen Mitmenschen und seinen Tieren zu beobachten. Und insbesondere sein Verhalten gegenüber dem Pferd, denn darum geht es ja in diesem Blog.
Wir meinen das alle nicht böse, handeln mit bestem Wissen und Gewissen – so gut wir eben können und es gelernt haben. Aber wir haben alle noch viel Luft nach oben, wenn es darum geht, unser Verhalten gegenüber den Pferden zu verbessern. Ich will hier von meinen Erfahrungen und Erkenntnissen berichten und nicht den Zeigefinger irgendwo hin richten….

Die Zeit mit den „wilden“ Pferden (Mustang heißt wildes, im Sinne von freiem Pferd), war geprägt von unglaublicher Langsamkeit und Innehalten. Wer mich kennt, weiß, wie schwer es mir fällt, langsam zu sein oder gar GAR NIX zu machen. Und hier kommen wir auch schon zu der Überschrift: Das Wichtigste bei der Kommunikation mit diesen hochsensiblen Tieren war, keine ERWARTUNGEN zu haben (das Pferd soll doch bitte in der nächsten Stunde diese und jene Reaktion zeigen), nicht VORHERSEHEN zu wollen (ah, ich weiß schon, was der gleich machen wird…), keinen DRUCK ausüben zu wollen (das muss doch jetzt mal klappen), GEDULDIG sein (mit dem Pferd und vor allem mit mir selbst) und LIEBEVOLL in seiner Haltung sein (mit welche „mindset“ gehe ich an die Sache?). Oh Mann, das waren ganz schön viele Aufgaben auf einmal. Und deswegen war es auch Anfangs sau schwer. Ich habe mich teilweise nicht getraut zu atmen (natürlich total blöd, weil das kriegen die Pferde als erstes mit), war voll verkrampft, weil ich mich nicht bewegen durfte (hey – auch das: sofort erkannt), mir lief der Schnodder als Rinnsal aus der Nase und ich habe mich nicht getraut, ihn mal beherzt hochzuziehen – die Herde wäre davon gestürmt…. Aber nach ein paar Tagen wurden die Bewegungen geschmeidiger, die Auffassungsgabe immer geschulter und die Geduld machte sich wie ein warmer Pudding in meinem Körper breit. Wir hatten ja Zeit. Auch, wenn unser Ziel es war, die Pferde zumindest halfterführig zu machen, damit sie Tierärztlich oder vom Hufschmied versorgt werden können. Diese Zeit haben die Angestellten und freiwilligen tollen Helfer auf der Farm leider nicht. Sie haben den ganzen Tag alle Hände voll zu tun, den Betrieb am Laufen zu halten. Füttern, misten, Zäune reparieren, ernten, usw… Jede Spende für diese wertvolle Arbeit ist übrigens mehr als willkommen: https://returntofreedom.org
Es gab unterschiedliche Gruppen von Pferden, mit den wir arbeiten durften: z.B. eine Herde von 7 Pferde, die für uns auf ein sehr großes Areal getrieben wurde. Da haben sie sich dann fortan gemeinsam aufgehalten, wurden dort gefüttert/getränkt und fanden das auch gar nicht schlecht. Diese Pferde waren bereis in der Wildnis eine eingeschworene Truppe und offensichtlich schon lange nicht mehr getrennt unterwegs. In der Mitte des Platzes wurde ein mobiler Roundpen aufgebaut, um immer mal wieder 3 Pferde zu separieren und dort zu arbeiten. Das alles geschah stets ohne jegliche Aufregung und bekam die Zeit, die es brauchte, bis die Pferde entspannt in das „Gehege“ gewandert sind. Die Pferde waren also kurz separiert, hatten aber durch die Gitter der Wände Sicht und Riechkontakt zu den Kumpels. DAS allein hat die schon sehr gestresst. Ich mußte sofort an die Pferde bei uns „zu Hause“ denken, die nicht von der Weide wollen, im Stall nicht stillstehen können und permanent am Wiehern sind. Zu oft höre ich dann Sätze wie: „da muss der jetzt mal durch“, „der gewöhnt sich schon“, „der soll sich jetzt nicht so anstellen“, „herrje – jetzt steh doch endlich mal still!!!!“, usw… Was die Pferde als „Trennung“ empfinden und warum sie das stets erst mal als „lebensbedrohlich“ einordnen, davon hat der Mensch leider oft keinen Schimmer. Das hat einfach mit dem „Grundbedürfnis“ bzw. dem instinktivem Verhalten zu tun. Das hat der liebe Gott nun mal beim Pferd anders angelegt, als beim Menschen!
Zu einer weiteren Gruppe von Mustangs, die schon in einen Stalltrakt getrieben wurden, schreibe ich in der nächsten Woche ….