Auf der Auffangstation „Return to Freedom“ gibt es auch einen Stalltrakt. Dort waren 4 wilde Pferde eingestallt, die immer wieder abwechselnd aus ihren sehr großen Boxen in einen Auslauf gelassen wurden, der an die Boxen grenzt. Die Pferde hatten also immer auch Sozialkontakt zu den anderen. In dieser Umgebung war es deutlich einfacher, mit den Pferden zu arbeiten, da der Raum zum Flüchten ja begrenzt war. Die Regeln waren aber die gleichen: ohne Druck und absolut stressfrei zu agieren. In dem großen Areal hatte ich aus gutem Grund nie Sorge, von einem Pferd getreten, gebissen oder sonst wie attackiert zu werden. Die Pferde waren so unglaublich friedlich und wir kamen ja nie in die Situation, sie so zu bedrängen, dass sie sich hätten wehren müssen. Das ist auf begrenztem Raum anders und wir mußten sehr auf unsere Körpersprache und die Verhaltensantworten der Pferde achten.
Vorsichtig aber bestimmt haben wir uns den Pferden genähert und gewartet, bis Interesse oder sogar Annäherung durch das Pferd gezeigt wurde. Erst dann haben wir Berührungen probiert. Auch diese Pferde haben Lieblingsstellen (siehe auch mein Eintrag „Reinigung“ vom 27. Mai 2019 „) und das Kraulen an diesen Stellen hat mitgeholfen, das „Eis zu brechen“. Oberstes Ziel war zunächst, dem Pferd ein Halfter anzulegen. Hierfür wurde dieser Akt in Mini-Schritte unterteilt. Erst die Stellen berühren, die auch das Material berührt, dann mit einem kleinen Stück Strick das Pferd touchieren. Dann den Strick über den Hals, die Nase und über das Genick legen. Wohlgemerkt mit ausreichend Pausen dazwischen, damit das Pferd „merken“ (bemerken und merken) kann, dass das alles nicht schlimm ist. Auch hier war die Einstellung, mit der ich diese – für uns „normale Pferdemenschen“ nach außen banal anmutende – Übungen durchführe, entscheidend. Ich habe mir natürlich bei jedem kleinen gelungenen Mini-Schritt den Arsch abgefreut. Und das ganz ehrlich! Zu sehen, wie das scheue Pferd sich überwindet, sich einläßt und ich mit meinen Bewegungen Vertrauen schenke und den permanent lauernden Fluchtinstinkt liebevoll in den Ruhemodus schicken kann, war sehr bewegend. Insgesamt hat das Erreichen des Trainingsziels deutlich weniger lang gedauert als „erwartet“. Weil ich eben keine Erwartung hatte. Meine Einstellung war, „it takes as long as it gets“. Dumm di dumm di dummmm – ich hab alle Zeit der Welt. Dieses Prinzip kennen wir ja s chon vom Hängertraining. Wir tun aber gut daran, es auf noch ganz viele andere Bereiche im Umgang mit unseren Pferden zu übertragen.

Nach dem Halftern kam das Führen. Dazu mehr im nächsten Beitrag….